Der Ulenspiegel war, unter der Lizenz der amerikanischen Militärregierung, die erste satirische Zeitschrift in Berlin nach dem Krieg. Politisch links, mit Kultur und Kunst, besonders die gerade noch verfemte Avantgardekunst, aber auch die moderne, Humor und Satire „gegen die alten und neuen Dunkelmänner“. In der Redaktion in Berlin-Dahlem traf sich ein who is who jener, die zukünftig das intellektuelle Gesicht in Ost und West prägen würden.
Unser Vater hat für den Ulenspiegel gearbeitet und er hat die Ausgaben auch gesammelt und gebunden, jedenfalls die paar Jahrgänge, die die Zeitschrift existieren durfte.

Die Zeichnerin Elizabeth Shaw erinnerte sich an die Redaktionssitzungen: Klemke, schlank und gepflegt, selbstbewusst und humorvoll, saß dort, ein Bein über dem anderen, in seiner lässigen Art. Wenn man vorschlug, ihn mit einer Zeichnung zu beauftragen, deren Thematik ihm nicht passte, sagte er immer: „Kann ich nicht! Meine Frau wäre dagegen!“
Auch der Grafiker Paul Rosie arbeitete für den „Ulenspiegel.“ Klemke und Rosié hatten von Weißensee aus denselben Arbeitsweg.
„Wir saßen dann einander gegenüber und begutachteten das Dessin unserer Krawatten, auf die wir, selbst in diesen schlimmen Zeitläuften, nicht verzichten wollten, immer auch in der Hoffnung, auf solche Art nicht ganz und gar das Air eines Elegants zu verlieren. Sein schmales blasses Haupt war mit einem sehr alten Hut bedeckt (er trägt heute noch Hut, wenn auch keinen sehr alten) und seine Beinkleider zeigten, wie die meinen, originelle Fransen an den strapazierten unteren Kanten.
Klemke trug Hut. Sein Freund und Kollege Paul Rosié hat ihn in der Nachkriegszeit gezeichnet.

Nach verbesserter Auftragslage schaffte sich mein Vater einen neuen Hut an. So einen, wie ihn Humphrey Bogart trug in „Casablanca“ und jeder Chicagoer Gangster, der was auf sie hielt und Johnny Depp später auch. Klemkes erster Borsalino.

Dieser Hut geriet schließlich in die Literatur. Freund und Kollege Paul Rosié in „ich will sie schmähen… Eulenspiegel Verlag 1984“:
„Ich hatte ihn längere Zeit nicht zu Gesicht bekommen, da sehe ich ihn plötzlich mit einem beinahe unangenehm eleganten „Borsalino“ auf dem Haupt daherstolzieren. Ein Borsalino ist kein Federschmuck, auch kein Diadem oder sowas, sondern ein Hut, und zwar das teuerste Beispiel eines Filzes für die Herrenwelt. Und für diesen hatte er seinen sehr alten und charaktervollen Hut hergegeben!“

Auch der Satiriker Lothar Kusche kam an Klemkes Hut nicht vorbei.
„Dann hatte ich noch diese schreckliche Affäre mit dem Werner-Klemke-Hut. Alle Welt beziehungsweise doch ein recht großer Teil der Welt war eine Zeitlang von Deinem wunderbaren Hut mit dieser wunderbaren breiten Krempe begeistert. Was tat ich Kamel? Ich kaufte mir sofort auch so einen Hut, hatte aber leider vergessen, dass ich nicht den dazugehörigen schmalen Klemke-Charakter-Kopf besitze; ich verfüge (zumindest äußerlich) über einen sogenannten Dickschädel.
Demzufolge sah ich mit dem Werner-Klemke-Hut zum Schreien komisch aus, und die Kinder riefen auf der Straße: „Der Onkel hat sich als Klohn verkleidet!“
Lothar Kusche „Nasen, die man nicht vergisst“ Eulenspiegel Verlag 1987