Ehrungen

Vielleicht ist das typisch „Klemke“: Schon 1968 erschien, erarbeitet von Horst Kunze, Professor der Bibliothekswissenschaften, Chef der Deutschen Staatsbibliothek und enger Freund, das Buch „Werner Klemke – Gesammelte Werke“. Darin war alles, was bis dato, also bis zum 50. Geburtstag meines Vaters von ihm so gedruckt worden war, zusammengetragen. Eine Bibliografie. Die Ausstattung des Buches machte Klemke selbst. Und nachdem im Kapitel „Wissenswertes über Klemke“ alles der Reihenfolge nach aufgezählt, Kindheit, Schule, Trickfilm, Soldat, Neuanfang usw. und alle Lobe, Preise, Orden und Ehrungen aufgelistet waren, also am Schluss, wo in der Gestaltung eigentlich der krönende Lorbeerkranz hingehört, hat Klemke dieses Bild platziert:

Bei besonderen staatlichen Empfängen wurde schon im Einladungsschreiben darum gebeten, Orden anzulegen. Klemke mochte das gar nicht, weil die ihm den Stoff vom Anzug zerstachen. Meine Schwester Ulrike erinnert sich in einem Interview im Film „Ein Weißenseer Künstler / von Kerem Saltuk“ an so eine Gelegenheit: “Dann hat er sich die so angeheftet, die Nationalpreise und sowas, was er so alles hatte und dazwischen hat er so eine kleine goldene Möwe, da war ’n Schildchen dran, da stand drauf „Gruß aus Hiddensee“, die hat er sich da zwischen die ganzen Preise geheftet.“  Weiter meine Schwester Christine: „Na ja, er war eben albern.“

Nun, albern war er sicher als Kind. Später dann nutze er Ironie, wenn ihm etwas gegen den Strich ging. Dafür war er bekannt. Von manchen dafür geliebt, von anderen gefürchtet. 

Da war die Geschichte mit der Briefmarke: sein Auftrag war die Gestaltung eines Briefmarken-Kleinbogens für Grimms Märchen aus dem Jahr 1985. Anlass für die Ausgabe des Bogens war der 200.Geburtstag der beiden Brüder (?- sie waren doch keine Zwillinge?). Die Briefmarken zeigten Märchenmotive aus Der süße Brei, Hans im Glück, Die sieben Raben…

Als kleine freundliche Aufmerksamkeit an den Auftraggeber, die DDR-Post, legte mein Vater einen zusätzlichen Briefmarkenentwurf zu einem Grimm’schen Märchen bei, der aber nicht vorher abgesprochen war. Auf dieser Briefmarke stand nun: „DDR – Das Lumpengesindel“. Ich weiß nicht, ob die Auftraggeber schmunzelten oder erschraken… aber es war ja nichts Unrechtes, so heißt nun mal das Märchen der Gebrüder Grimm – Das Lumpengesindel. Wie zu erwarten, dieser Briefmarkenentwurf wurde dankend abgelehnt und kam nicht in den Druck.

Damit war die Marke aber nicht verloren. 2017, zum 100. Geburtstag unseres Vaters ließ sie unsere Schwester Christine nachdrucken. Man konnte sie sogar offiziell postwertzeichenmäßig verwenden, nur war sie jetzt etwas teurer als 25 Pfennig.

Im Begleittext erwähnte Christine noch einen Satz, den sich der Schüler Werner Klemke Mitte der 30er Jahre von seinem Lehrer am Köllnischen Gymnasium anhören musste: „Klemke, aus Ihnen wird nie was! Sie sind viel zu albern!“  

Wie gesagt, der junge Klemke war möglicherweise albern, der Künstler Klemke mit Vergnügen ironisch.